Schön erzählt

G+G 9/2023, Centerfold, illustriert von Luca d’Urbino

Es gibt sie immer noch: die Menschen, die gern Langstrecke lesen. Sie haben den Spiegel, die Zeit, Reportagen oder den New Yorker abonniert. Aber selbst diese Leser:innen freuen sich über kleinere Erzählstücke, die spannende Hintergründe und Fakten optisch attraktiv darbieten. Und der Rest der in Instagram und TikTok lebenden Bevölkerung sowieso.

Wir lieben es, solche Formate zu entwickeln. Sie schaffen Aufmerksamkeit im Web oder im gedruckten Heft. Sie befriedigen die Lust auf schnelle, mundgerecht servierte Informationshäppchen, die appetitlich hergerichtet sind. Nennen wir sie Amuse-Yeux, eine Freude für die Augen. Und über die Augen gelangen wichtige Informationen dann auch ins Hirn. Viele Menschen können sich Fakten sogar besser merken, wenn sie sie mit einem Bild verbinden.


Diese Art des Erzählens ist hohe Kunst und erfordert eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen inhaltlicher Konzeption und Design. Damit das Ergebnis nicht spätestens auf den zweiten Blick wie ein wahllos zusammengestelltes Sammelsurium wirkt.

Das sind unsere sieben Erfolgsfaktoren für visuelle Formate, die informieren und schön sind.

  1. Wir identifizieren das Thema, das wir visuell erzählen wollen. Es kann mehrere Dimensionen haben, sodass sich verschiedene Perspektiven aufzeigen lassen.

  2. Wir recherchieren gründlich spannende Daten und Fakten zum Thema. Das ist mitunter sehr aufwändig und zeitintensiv. Wenn ein Prozess darzustellen ist, sind Interviews mit den Verantwortlichen zu führen, um jeden Schritt nachvollziehen zu können.

  3. Wir bauen die Seite grob auf und testen, wie viele Elemente oder Stationen wir unterbringen können, wie groß Grafiken und Illustrationen sein dürfen und wie viel Raum der Text haben wird.

  4. Wir überlegen, welche Illustrator:innen passen – zum Medium und zur individuellen Geschichte. Es ist wichtig, auch etwas über ihre Arbeitsweise zu wissen. Manche zeigen, was ist. Andere erzählen auf einer Metaebene oder kreieren surrealistische Elemente.

  5. Wir schreiben Texte und bauen Grafiken im ersten Entwurf. Mehr Spannung entsteht, wenn sich Elemente abwechseln: Zahlen, Illustrationen, Grafiken, Zitate. Wie genau servieren wir die kleinen Häppchen?

  6. Wir briefen Illustrator:innen. Dabei geben wir ihnen Orientierung und zugleich die Freiheit, in ihrem eigenen Stil zu arbeiten. Wir haben Glück mit diesen tollen Kolleg:innen, die weiterdenken und spannende Aufhänger finden.

  7. Wir stellen den Beitrag fertig – in einem iterativen Prozess. Diese Art von Format lebt von der Liebe zum Detail. Haben wir alles bedacht? Passen Text-und Bildelemente zueinander? Müssen wir die Abfolge verändern, damit der rote Faden erkennbar bleibt?

In den Jahren unserer Zusammenarbeit haben wir neben klassischen Reportagen, Interviews und Features für diverse Medien eine Vielzahl ungewöhnlicher Formate entwickelt. Sie machen die Erzählweise vielfältig und überraschend. Sie sorgen für Abwechslung und Aufmerksamkeit. Sie machen Spaß, wie das Öffnen von Überraschungseiern. Und mit diesen Formaten kriegen wir sie alle: die Informationsjunkies, die Schöngeister, die Bequemen – und alle Generationen. Das Beste ist: Visuelle Formate machen auf allen Kanälen was her. Ein Aufwand, der sich lohnt.

Fotos: Axel Kranz


Centerfold in der G+G Jubiläumsausgabe 9/2023

Diese acht Seiten sind eine eigene Konzeption im Heft. Der Centerfold funktioniert für sich allein. Derart aufwändige Entwicklungen eignen sich für besondere Anlässe und vielschichtige Themen, die man aus verschiedenen Perspektiven beleuchten kann.

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